Die weitaus meisten Chromophore von "Ubergangsmetallkomplexen haben die
Koordinationszahl 6 oder 4, und ihre Symmetrie kann vom regul"aren
Oktaeder, vom regul"aren Tetraeder oder vom Quadrat abgeleitet werden.
Substitution (MA_6, MA_5B ...), Isomerie (
cis/trans, fac/mer) oder Verzerrung (tetragonal, trigonal ...)
erzeugen aus diesen drei Stammformen zahlreiche Strukturvarianten, die
in der Ligandenfeldn"aherung wegen der geraden Parit"at der d-Orbitale
auf einige wenige Punktgruppen zur"uckgef"uhrt werden k"onnen. Nach
Jørgensen [6] bleibt n"amlich die Energie eines
d-Orbitals erhalten, wenn man das Potential
holoedrisiert, das hei"st, durch Punktspiegelung am Zentralion
invertiert und anschlie"send mittelt:
vholo
Dieser "Ubergang zu holoedrischen Punktgruppen entspricht der aus der
Kristallographie bekannten Abbildung der 32 Kristallklassen auf die 11
Lauegruppen. Da f"unf- und h"oherz"ahlige Drehachsen hier nicht
betrachtet werden, fallen die beiden hexagonalen Lauegruppen
heraus. Die Erfahrung hat au"serdem gezeigt, da"s von den verbleibenden
nur die sechs Gruppen
,
,
,
,
und
in der Praxis eine
bedeutsame Rolle spielen (siehe die Beispiele in Tabelle
2 am Ende dieses Abschnitts). Damit hat man zuf"allig
genau je einen Repr"asentanten aus dem kubischen, tetragonalen,
trigonalen, orthorhombischen, monoklinen und triklinen Kristallsystem.
Von den irreduziblen Darstellungen der genannten Gruppen sind wegen
der Parit"at der d-Orbitale nur die geraden Darstellungen zu
ber"ucksichtigen. Deren Charakterensystem wiederum zerf"allt bez"uglich
der Klassen in zwei Bl"ocke: Der erste geh"ort zu den eigentlichen
Drehungen, die eine Untergruppe bilden, der zweite zu den
uneigentlichen Drehungen, die aus ersteren durch Verkn"upfung mit
Inversion hervorgehen. Da beide Bl"ocke identisch sind, reicht es aus,
wenn man nur den betrachtet, der aus der Untergruppe der eigentlichen
Drehungen besteht. Daraus ergibt sich: Eine Charakterisierung von
Wellenfunktionen, die aus d-Orbitalen bestehen, ist auch dann noch
eindeutig, wenn man statt der oben aufgef"uhrten holoedrischen
Punktgruppen die aus nur halb sovielen Elementen bestehenden reinen
Drehgruppen
,
,
,
,
und
heranzieht; bei einem
Hamiltonoperator mit Spin-Bahn-Kopplung sind die entsprechenden
Doppelgruppen heranzuhiehen. Betrachtet man die Charakterentafeln
dieser Gruppen, dann erkennt man, da"s zur eindeutigen Bestimmung einer
irreduziblen Darstellung "uber die Charaktere gar nicht alle Drehungen
ben"otigt werden, sondern da"s die Kenntnis der Charaktere zu h"ochstens
zwei Klassen bzw. repr"asentativen Drehoperatoren aus diesen Klassen
gen"ugt. W"ahlt man das Koordinatensystem so, da"s die Hauptdrehachse
mit der z-Achse und von eventuell vorhandenen
-Achsen
eine mit der x-Achse zusammenf"allt, dann wird das auf den vier
Drehungen
,
,
und
basierende Schema der Tabelle 1 anwendbar.
Anwendungen des Konzepts der holoedrischen Symmetrie von
"Ubergangsmetallkomplexen auf Strukturtypen, die besonders h"aufig
vorkommen oder auff"allige Symmetrieeigenschaften haben, sind in
Tabelle 2 zusammengestellt. Sie enth"alt mehrere
Beispiele, die zeigen, da"s Strukturen, die zur gleichen Punktgruppe
geh"oren, unterschiedliche holoedrische Symmetrien aufweisen k"onnen. So
haben ein facial trisubstituierter Oktaeder und ein trigonal
verzerrter Tetraeder zwar beide -Symmetrie, f"uhren aber
dennoch zu verschiedenen holoedrischen Punktgruppen (
bzw.
). Um dies zu verstehen, mu"s man beachten, da"s man
die holoedrische Symmetrie nicht durch Direktproduktbildung der
Punktgruppe des Molek"uls mit
erh"alt (dies w"urde in beiden
F"allen
ergeben), sondern durch Mittelung des
Potentials mit seinem punktsymmetrischen Spiegelbild gem"a"s Gl.
(9), was beim facial trisubstituierten Oktaeder wegen der
Orthoaxialit"at zu
f"uhrt. Wie dieser Fall zeigt,
kann der Proze"s der Holoedrisierung also eine versteckte h"ohere
Symmetrie (Pseudosymmetrie) zum Vorschein bringen. Ein weiteres,
h"aufig vorkommendes Beispiel hierf"ur ist der
cis-disubstituierte Oktaeder mit
-Symmetrie.
Holoedrisierung, die im allgemeinen von
nur nach
f"uhrt, ergibt hier
, wiederum als Folge
der orthoaxialen Koordination. Im Molek"ulorbitalbild ist das
Holoedrie-Konzept nicht mehr streng g"ultig, doch folgt aus
Hartree-Fock-Rechnungen, zum Beispiel an mono- und disubstituierten
Co(CN,OH)-Verbindungen, da"s die holoedrische Symmetrie bei der
Berechnung der Energie elektronischer "Uberg"ange eine recht gute
N"aherung darstellt. Ein bekanntes Beispiel f"ur den Erfolg dieser
N"aherung ist die (unter anderem) auf dem Holoedriekonzept basierende
Aussage Perumareddis, da"s die Differenz zwischen axialem und
"aquatorialem Ligandenfeldpotential sich vom monosubstituierten "uber
den cis- zum
trans-disubstituierten Oktaeder im Verh"altnis 1:-1:2 "andern
sollte [8]. Unter dieser Pr"amisse von Perumareddi,
loc. cit., berechnete Anregungsenergien sind in gutem Einklang
mit den optischen Spektren zahlreicher
Cr(III)-Verbindungen.
Recht interessant sind die Verh"altnisse bei tris-Chelatkomplexen:
Handelt es sich beim Chelatliganden um ein konjugiertes
-System,
zum Beispiel Oxalat oder Acetylacetonat, dann ist die
Elektronenstruktur der koordinierenden Atome stark anisotrop,
eventuell sogar auch phasengekoppelt. Die holoedrische Symmetrie kann
in einem solchen Fall nicht h"oher sein als
. Anders
hingegen ist die Situation bei tris-Chelaten mit rein
-bindenden, isotropen Liganden wie Ethylendiamin. Solche
Komplexe k"onnen oft in guter N"aherung als pseudooktaedrisch angesehen
werden.